Bodenerosion Bodenerosion 1942 kam das erste Antibiotikum auf den Markt. Penicillin galt als Wundermittel gegen Bakterien. Nicht einmal 100 Jahre später bereiten uns antibiotikaresistente Keime nun große Sorgen. Durch einen überhöhten Einsatz von Antibiotika bei Mensch und Tier haben Bakterien Resistenzen gegen Antibiotika entwickelt. Deren Wirksamkeit lässt immer weiter nach und mehr Menschen sterben an Infektionen mit diesen Keimen. Die Forschung sucht daher nach neuen Medikamenten zu Ihrer Bekämpfung. Gleichzeitig müssen wir besser verstehen, wie sich diese Bakterien verbreiten. In der Tierhaltung werden Antibiotika eingesetzt, um bei steigender Produktion angesichts der weltweit zunehmenden Nachfrage nach Fleisch Krankheitsausbrüche zu vermeiden. Verzehren wir Menschen Produkte von Tieren, die mit Antibiotika behandelt wurden, dann nehmen wir deren Rückstände ebenfalls auf. Forschende des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. interessiert, inwieweit wir auch über die Ausscheidungen der Tiere, die als Dünger auf unseren Feldern genutzt werden, in Kontakt mit antibiotika resistenten Keimen kommen. Der Meteorologe Steffen Münch hat sich dieses Themas angenommen. Seit mehr als drei Jahren forscht er am ZALF, aktuell im von der Leibniz-Gemeinschaft geförderten Projekt »SOARiAL«. Wie er zur Agrarlandschaftsforschung gekommen ist? »In der Meteorologie ist die sogenannte atmosphärische Grenzschicht die entscheidende Schicht, die für den Transport von kleinsten Partikeln und Bakterien von der Erdoberfläche in die Atmosphäre verantwortlich ist«, sagt der Wissenschaftler. »Bereits während meines Studiums habe ich begonnen, mich mit solchen Partikeln zu beschäftigen, und dazu gehören bevorzugt eben auch jene, die aus Ackerböden freigesetzt werden.« Im Projekt untersuchen vier Leibniz-Institute sowie die Freie Universität Berlin gemeinsam die Verbreitung von antibiotikaresistenten Keimen in landwirtschaftlich geprägten Landschaften. Im Fokus: der sogenannte »atmosphärische Transportpfad« mit Hilfe des Windes. KRITISCHE PHASEN BEI DER FELDARBEIT Fest steht, dass antibiotikaresistente Keime sowohl im Fleisch als auch in den Ausscheidungen der Tiere überleben können. Nachgewiesen wurden die multiresistenten Erreger im Projekt beispielswiese in Hühnerställen. Aber auch Ausscheidungen von Schweinen, Kühen und anderen Tieren werden in der Landwirtschaft als organischer Dünger eingesetzt. Hier sehen die Forschenden eine Vielzahl von Risiken. »Wir haben vier Phasen identifiziert, in denen die Je trockener der Dünger ist, der auf das Feld ausgebracht wird, desto mehr Feinstaub wird freigesetzt. STEFFEN MÜNCH Gefahr besteht, dass die Bakterien überleben und zum Beispiel über die Luft in die Umgebung weitertransportiert werden könnten«, so Münch. Die erste kritische Phase ist die Lagerung des Mistes. Wie lange können die antibiotikaresistenten Keime hier überleben? Die Ausbringung des Düngers auf die Felder ist eine weitere kritische Phase, denn dabei entsteht viel Staub, besonders dann, wenn der Dünger gut getrocknet ist. Bakterien wiederum – und zwar alle, egal ob antibiotikaresistent oder nicht – nutzen diese Staubpartikel gern als Träger, um längere Distanzen überwinden zu können. Wenn der Dünger dann auf dem Feld verteilt wurde, muss er eingearbeitet werden. Auch bei diesem Arbeitsschritt entstehen wieder Staubemissionen und damit die dritte kritische Phase. Ist das Feld nach Ausbringung und Einarbeitung des Düngers für eine Weile unbedeckt, weil die Pflanzen noch nicht sofort wachsen, kann es zu Winderosion kommen. Besonders sandige Böden sind davon betroffen. Durch die Kraft des Windes werden hierbei die leichtesten Bodenpartikel abgetragen und abtransportiert – eine weitere kritische Phase. Vor allem die auf den Feldern eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie anliegende Gemeinden sind bei diesen Arbeitsschritten den Staubwolken und damit einem erhöhten Risiko ausgesetzt, diese kleinen Staubpartikel – und damit möglicherweise auch die antibiotikaresistenten Keime – einzuatmen. 12 13
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